Medienpolitisches und regulatorisches Umfeld
Die deutsche Medienlandschaft und insbesondere der TV-Markt unterscheiden sich deutlich von anderen europäischen oder angelsächsischen Ländern. So ist der TV-Markt vergleichsweise stark reguliert und die Möglichkeiten für Werbung sind sowohl quantitativ als auch qualitativ deutlich restriktiver als etwa in den USA.
Gleichzeitig verfügen die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten über hohe Budgets. Sie finanzieren mit einem Etat von 9,2 Mrd Euro rund 20 TV-Sender und rund 60 Radioprogramme in Deutschland. Die privaten Anbieter betreiben im Vergleich dazu über 280 TV-Sender und 270 Hörfunkprogramme (2014); ihr Budget beläuft sich auf 7,8 Mrd Euro. Die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten wird per Gesetz über den Rundfunkbeitrag sichergestellt; sie sind zur „Grundversorgung der Bevölkerung mit Information, Bildung, Kultur und Unterhaltung“ beauftragt. Eine zweite Einnahmequelle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind Werbeumsätze.
Das duale System ist in den vergangenen Jahren in ein finanzielles Ungleichgewicht geraten, da Einnahmen der Öffentlich-Rechtlichen kontinuierlich gestiegen sind: Im Jahr 2000 lag der Beitrag noch bei 28,25 DM bzw. 14,44 Euro; 2015 belief er sich auf 17,50 Euro je Haushalt.
Die Gebühr wird seit Januar 2014 standardisiert je Haushalt erhoben und ist unabhängig von Art und Anzahl der Geräte. Zuvor orientierte sich die Höhe des Rundfunkbeitrags an der Anzahl der Geräte. Die Umstellung auf das neue Modell reflektiert die Konvergenz der Medien: TV und Radio werden immer häufiger über das Internet genutzt. Mit dem neuen Gebührenmodell haben sich die Einnahmen der Öffentlich-Rechtlichen aus dem Rundfunkbeitrag nochmals erhöht. Für die Periode 2013 bis 2016 werden Mehreinnahmen von insgesamt 1,5 Mrd Euro gegenüber dem angemeldeten Bedarf der Rundfunkanstalten prognostiziert.
Die privaten Anbieter konkurrieren in Deutschland aber nicht nur mit einem finanzstarken öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die steigende Marktdurchdringung mit konvergenten Endgeräten verändert die Wettbewerbssituation für Medienunternehmen grundlegend: Im Zuge der Digitalisierung steigt die Vielfalt an Angeboten und Übertragungswegen; zugleich intensiviert sich der Wettbewerb mit globalen Anbietern. ProSiebenSat.1 steht dieser Entwicklung grundsätzlich positiv gegenüber und erkennt in der dynamischen Marktentwicklung zahlreiche Wachstumschancen. Dies erfordert ein gleichwertiges Wettbewerbsumfeld für alle Marktteilnehmer. Derzeit unterliegen globale Anbieter wie Google oder Facebook in Deutschland jedoch nicht denselben Rechtsvorschriften und Regulierungen. Beispiele hierfür sind das Urheberrecht oder Bestimmungen zum Jugendschutz.
Einen fairen Wettbewerb erschweren darüber hinaus quantitative und qualitative Beschränkungen, da TV in Deutschland stärker reguliert wird als andere Mediengattungen. Diese betreffen sowohl den Umfang des Werbeangebots als auch deren Inhalt: Die Ausstrahlungszeit für TV-Werbung ist beispielsweise auf maximal zwölf Minuten pro Stunde beschränkt, die Möglichkeiten zur Platzierung von Werbung in bestimmten Sendungen ist begrenzt.
Zusätzlich wird der private Rundfunk durch das deutsche Medienkonzentrationsrecht sowie durch programmliche Auflagen reguliert. Zur Sicherung der Meinungsvielfalt muss etwa SAT.1 Regionalprogramme für insgesamt fünf Verbreitungsgebiete finanzieren und in der Hauptsendezeit parallel ausstrahlen. Der Rundfunkstaatsvertrag verpflichtet einige private Anbieter zudem zur Finanzierung und Ausstrahlung von Sendungen unabhängiger Fernsehprogrammanbieter. Über die aktuell strittige Verpflichtung von SAT.1 zur Ausstrahlung dieser Drittsendezeiten sind gerichtliche Verfahren anhängig.
Darüber hinaus gibt es einen Diskurs über regionale Werbeblöcke: Die Länder haben im abgelaufenen Jahr neue gesetzliche Einschränkungen beschlossen, seit Januar 2016 ist regional differenzierte Werbung in deutschlandweit empfangbaren Fernsehprogrammen grundsätzlich nicht zulässig. Ausnahmen können in den einzelnen Bundesländern landesrechtlich geregelt werden. Die ProSiebenSat.1 Group geht gerichtlich gegen die Regelung vor und bietet ihren regionalen Kunden gesonderte Vermarktungsmodelle für nationale TV-Spots an. Parallel dazu entwickelt das Unternehmen technische Möglichkeiten weiter und wird beispielsweise seine Angebote für regional differenzierte Werbeformen über HbbTV ausbauen.